Aktuelle
Ausgrabung
im Kleinbasel
SPEKTAKULÄRE
FUNDE AUS
Kleinbasel
Der Ausbau des Fernwärmenetzes in Kleinbasel wird von der Archäologischen Bodenforschung begleitet und erlaubt Einblicke in die Vergangenheit des Quartiers. Bestattungen aus dem Frühmittelalter (ca. 6. bis 8. Jh. n. Chr.) erzählen vom Leben und Sterben in einer wenig bekannten Epoche.
Hier graben wir aus
Riehentorstrasse und KirchgasseCH-4058 Basel
Der Anschluss des Wettsteinquartiers ans Fernwärmenetz bedingt umfangreiche Bodeneingriffe, die durch die Archäologische Bodenforschung begleitet werden.
In den engen Leitungsgräben kamen bisher 18 frühmittelalterliche Gräber zum Vorschein. Zwar ist das frühmittelalterliche Gräberfeld an der Riehentorstrasse bereits seit dem 19. Jahrhundert bekannt, die neuen Entdeckungen geben jedoch Hinweise auf die einstige Grösse des Bestattungsplatzes. Einige der Bestatteten haben prunkvolle Beigaben, wie etwa ein junges Mädchen mit ca. 380 Glas- und Bernsteinperlen oder eine Frau mit einer goldenen Gewandschliesse. Andere wurden ohne Beigaben, aber in massiven Steinplattengräbern niedergelegt. Insgesamt zeugen die Gräber vom grossen Aufwand, der für die Verstorbenen betrieben wurde.
Nicht nur die Gräber und Beigaben offenbaren viel über die Toten, auch die Skelette erzählen spannende Geschichten und ermöglichen es den Expert:innen, mehr über das Alter, den Gesundheitszustand und allfällige Verletzungen der Verstorbenen zu erfahren. So zeugt das Skelett eines Schwertkämpfers mit einer verheilten Hiebverletzung im Gesicht nicht nur von den Gefahren früherer Zeiten, sondern gibt auch Auskunft über das Können der frühmittelalterlichen Ärzte. Solche schweren Verletzungen entstellten den Menschen zwar ein Leben lang, sie mussten aber nicht zwingend tödlich enden.
Die ältesten Spuren stammen jedoch nicht aus dem Frühmittelalter. Vereinzelte Funde verraten, dass sich Menschen hier bereits in römischer Zeit und vermutlich schon seit der Bronzezeit aufhielten.
Das Spätmittelalter und die frühe Neuzeit haben ebenso ihre Spuren hinterlassen. So illustrieren die gefundenen Abschnitte des «Riehedyychs» – eines mittelalterlichen Kanals – und die verschiedenen Stampfen, Sägen und Mühlen die fortschreitende Modernisierung des Quartiers. Das Riehentor und vereinzelte Reste der einst mächtigen Stadtmauer konnten gefasst werden. Sie liefern wichtige neue Erkenntnisse zur spätmittelalterlichen Stadtbefestigung.
Basel, um 580 n. Chr.
Das Mädchen mit den Perlen
In einem stark gestörten Grab des 6. Jahrhunderts kamen die sterblichen Überreste eines jungen Mädchens zum Vorschein. Die anthropologische Untersuchung zeigte, dass sie im Alter von ungefähr zwölf Jahren verstorben war. Dem Brauch der Zeit entsprechend wurde das Mädchen in ihrer Kleidung und ihrem Schmuck begraben.
Ungewöhnlich reich stellt sich vor allem ihr Perlenschmuck dar, welcher eher mit dem einer erwachsenen Frau in Verbindung gebracht wird. Die frühmittelalterlichen Perlen wurden aus Glas, Bernstein oder Perlmutt hergestellt und kamen in einer Vielzahl von Formen und Farben vor – von klein und einfarbig über metallisch glänzend bis hin zu gross und bunt. Teilweise wurden sie über grosse Strecken verhandelt. Einige der ca. 380 Perlen stammen möglicherweise sogar aus Indien oder Südostasien. Getragen wurden die Perlen an einer Kette oder auf der Kleidung aufgestickt
Basel, frühes 7. Jh. n. Chr.
Eine wertvolle Beigabe: Die Goldfibel
Aus einem reich ausgestatteten Grab einer gut 40-jährigen Frau stammt eine goldene Scheibenfibel. Sie diente einst als Verschluss eines Mantels und ist ein Zeugnis der hohen Qualität frühmittelalterlicher Goldschmiedekunst. Die Gewandschliesse ist nicht aus massivem Gold, vielmehr wurde auf einer Grundplatte aus Buntmetall ein dünnes Goldblech aufgebracht. Diese wurde mit einem feinen Muster aus Golddraht, eine sogenannte Filigranauflage, und Einlagen aus blauem Glas und hellgrünem Granat verziert.
Im Grab aus dem 7. Jahrhundert finden sich neben der Fibel noch viele weitere wertvolle Schmuckstücke und Bekleidungsgegenstände. So wurde die Frau unter anderem mit rund 160 Glas-, Amethyst- und Bernsteinperlen, einem Gürtel mit einer Riemenzunge, einem Gürtelgehänge mit durchlochten römischen Münzen, einem Kamm und einem Täschchen sowie einem ledernen Zierriemen mit Kreuzbeschlägen bestattet. Die reiche Ausstattung spricht für den hohen gesellschaftlichen Status der Verstorbenen.
Basel, spätes 6. Jh. n. Chr.
Knabengrab mit reicher Ausstattung
In einem Grab aus dem 6. Jahrhundert wurde ein 5- bis 9-jähriger Knabe bestattet. Ihm wurden ein Waffengurt mit zwei tauschierten Gürtelbeschlägen, ein Kamm und eine Schere – typische Beigaben eines Mannes – mit ins Grab gegeben. Am Waffengurt waren allerdings keine Schwerter befestigt.
Einer der Gürtelbeschläge ist mittels Tauschiertechnik verziert, bei der zum Zweck der Verzierung Metall in andersfarbiges Metall eingelegt wird. Als Einlage wurde oft helles Silber und Messing verwendet, das auf dem dunkleren Eisen eine besonders schöne Wirkung erzielt. Beim rechten Oberarm des Kindes wurde ein Knochenkamm und eine Schere gefunden. Diese waren in einen groben Stoff eingewickelt ins Grab gelegt worden.
Die baubegleitenden, archäologischen Untersuchungen, die im Rahmen des Ausbaus der Fernwärme und anstehender Leitungssanierungen im Wettsteinquartier stattfinden, werden im Jahr 2023 weitergeführt.
In der Instagram Live-Führung, die am 7. Juli 2022 stattgefunden hat, erfahren Sie mehr über das Skelett.
mehr InfosIn unserer Coverstory erfahren Sie mehr über die Ergebnisse der Ausgrabung.
mehr InfosAuf dem Geoportal des Kantons können Sie sich vertieft mit den historischen Plänen des Kantons Basel-Stadt auseinandersetzen. Verändern Sie dazu die Transparenz-Einstellung des Situationsplans aus dem Jahr 1862 (von Geometer L.H. Loeffel) oder öffnen Sie den Link in Firefox.
mehr InfosLaden Sie den App-Audioguide auf Ihr Smartphone und erleben Sie eine Zeitreise durch 3000 Jahre Basel
mehr InfosInformation on the excavation in English
mehr InfosInformations sur le fouilles en français
mehr InfosNewsletter
Abonnieren Sie unseren Newsletter. Bleiben Sie informiert über aktuelle Ausgrabungen, besondere Funde und Führungen.